Wann

Mi., 20.09.2023    
17.00 bis 20.15 Uhr
4 Unterrichtseinheiten

Buchungen

Buchungen geschlossen

Wo

Referent/in

Dr. med. Marion Mohnroth

Veranstaltungstyp

Karte nicht verfügbar

Die Sehnsucht nach erfüllender Beziehung und authentischer Intimität bleibt für viele Betroffene von komplexen Traumafolgestörungen und dissoziativen Störungen lange Zeit ungestillt. Trauma bedeutet häufig Kontaktabbruchzu sich und zu den eigenen Emotionen, Bedürfnissen und Grenzen, zu Körperwahrnehmungen, zu Teilen der Biographie, zum Kohärenzempfinden, zur Gegenwartserfahrung und letztlich auch Kontaktabbruch zu Mitmenschen.

 

Machen wir uns jedoch einen Augenblick lang bewusst, was es für den Lebensweg und das Selbstbild Betroffener bedeutet, beinahe berührungslos und ohne vertiefte Vertrauensbeziehungen durch die Welt zu gehen, wird rasch spürbar, dass es für Betroffene um weitaus mehr geht, als um Lustgewinn- als Kernthema erscheint der stimmige Kontakt zu sich und zu anderen. Die Vielschichtigkeit der Auswirkungen von traumaassoziierten Triggern im Beziehungsgefüge auf Kinder, Partner:innen, Freizeit, Gesundheitsfürsorge, sowie selbstsicheres Bewegen im öffentlichen Raum (Menschenmengen, öffentliche Verkehrsmittel, Einkaufen, Lift, Wellness, Sport etc.) wird hierbei vielfach unterschätzt.

Berührung auf emotionaler und körperlicher Ebene nicht als wohligen sicheren Hafen, sondern als Auslöser für Intrusionen, Flashbacks, Anspannung, aversive Gefühle, Ohnmacht oder Dissoziation zu erleben, verändert den Spielraum der Beziehungsgestaltung grundlegend und dauerfristig. Um drohende Aktivierung von unsicheren oder desorganisierten Bindungsmustern zu vermeiden, geraten viele Betroffene in zunehmenden Rückzug und letztlich resignierende Einsamkeit. Nicht selten wird das gesamte Leben dann unbewusst auf Vermeidungsziele ausgerichtet. Andere erdulden stattdessen triggernden Körperkontakt bis hin zu Retraumatisierungen, um befürchtetes Verlasssen- und/oder Entwertetwerden zu vermeiden. Wirklich tiefergehenden Zugang zu ihren sinneskanal- und körperbasierten, sowie zwischenmenschlichen und persönlichen Bedürfnissen (wie zB. Nähe, Zugehörigkeit, Verbundenheit und Autonomie, Selbst-Ernennung, individuelle Entwicklung, Entfaltung) zu finden, gelingt vielen Betroffenen erst durch fokussierte berat./therapeut. Begleitung.

 

Zeitgleich wird das Thema emotionaler und körperlicher Intimität in der Begleitung Betroffener nicht selten stillschweigend zum Randthema erklärt oder ausschliesslich in der Konfrontationsphase bearbeitet. Sicher kann dies mit posttraumatischer Vermeidung, Scham und Störung der Selbstorganisation bei den Betroffenen zu tun haben, jedoch auch mit allgegenwärtiger gesellschaftlicher Tabuisierung und Unsicherheit bei uns Therapeut:innen/Berater:innen.

Dieses Seminar möchte es sich insofern zur Aufgabe machen, für das so persönliche Thema und seine breitgefächerten Auswirkungen zu sensibilisieren, sowie Sicherheit darin zu vermitteln, das Thema emotionaler und körperlicher Intimität im berat./therapeut. Prozess bereits frühzeitig als integriertes Annäherungsziel zu wählen. Wir schaffen einen Einblick in traumasensible Gesprächsführung und üben praxisorientiertes Handwerkszeug, um traumaassoziierte Veränderungen hinsichtlich Selbst-Bezug, -Wahrnehmung, Körper-lichkeit und Sinn-lichkeit enttabuisierend zu erfassen, sowie mit posttraumatischer und dissoziativer Symptomatik stimmiger umzugehen.

 

Breitgefächert aus den Bereichen der Paartherapie, sowie Kreativ- und Körperpsychotherapie schöpfend, werden wir einen bunten Blumenstrauss an ressourcen-fokussierten Interventionen erforschen, um den Kontakt der Betroffenen zum ureigenen Wohl und Unwohl, sowie zur authentischen Selbst-Bejahung, wieder auf den Weg zu bringen. Mit traumaadaptierten, paartherapeutischen Tools beleuchten wir bindungsstil-assoziierte Paardynamiken in Fallbeispielen. Da sich frühe, chronische Traumatisierungen im späteren Vulnerabilitätszirkel bei Paaren häufig reinszenieren, droht die Vergangenheit gegenwärtige Beziehung letztlich immer wieder zu zerstören. Durch das gemeinsame Skizzieren des traumassoziierten Vulnerabilitätszirkels gelingt es, mit Betroffenen und ihren Partner:innen auf eingängige Art und Weise ein tieferes Verständnis für ihre traumaassoziierten Muster in Beziehungen zu erarbeiten, aus den Reinszenierungen der Vergangenheit bewusst auszusteigen und darauf basierend stimmige Zukunftsperspektiven zu entwickeln. Erst hierdurch kann authentische Intimität mit sich und anderen wachsen.

 

Kernanliegen dieses Seminars mit Ausrichtung auf die Neukonzeption des traumassoziierten Diagnosenkatalogs nach ICD-11 wird die selbstbejahende Identitätsentwicklung der Betroffenen in Ihrer Begegnung mit sich selbst, mit uns und anderen sein.

 

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